15. Oktober 2014 München “ Arbeitsbelastung bei Klinikärzten “
Der Marburger Bund Bayern , die TU München haben gemeinsam mit der LMU München hat seine Mitglieder in einer umfassenden Studie zur Arztgesundheit befragt. Erfasst wurde wie die aktuelle Belastungssituation empfunden wird, welche Auswirkungen sie auf das Arbeitsengagement hat und welche Bewältigungsstrategien genutzt werden. An der repräsentativen Stichprobe beteiligten sich 1.045 Mitgliedern aus unterschiedlichen Fachrichtungen und Hierarchieebenen.80 Prozent der Befragten bewerten grundsätzlich ihre ärztliche Tätigkeit im hohen Maße als sinnstiftend und befriedigend. Obwohl der Beruf als besonders belastend gilt und in den letzten Jahren die Anforderungenstetig wuchsen. Dass dieser Wert in Relation zu anderen Berufsgruppen sehr hoch ist, wurde bis dato immer nur vermutet und ist jetzt wissenschaftlich erwiesen.Aufgaben, die nicht in ihre kurative Tätigkeit fallen, empfinden Klinikärzte hingegen als demotivierend. (80% gaben an, dass sie „ab und zu“ bis „sehr häufig“ unnötige
Aufgaben erledigen müssen, fast die Hälfte hat das Gefühl „ab und zu“ bis „sehr häufig“ unzumutbare Aufgaben machen zu müssen). Hier könnte die Ärzteschaft in der Klinik von der Pflege lernen. Sie schafft es besser ihr originäres
Aufgabengebiet exakt zu definieren und darüber hinausgehende Tätigkeiten abzulehnen. Hingegen übernehmen Ärzte „zähneknirschend“, was im Klinikalltag „ eben gemacht werden muss“. Kliniken könnten durch strukturelle Veränderungen leicht Abhilfe schaffen, indem Aufgaben anders zugeordnet werden oder dafür Stellen mit entsprechendem Tätigkeitsprofil geschaffen werden. Es wäre logisch und wirtschaftlich erstrebenswert, wenn diese Arbeit von speziell dafür ausgebildeten Fachkräften übernommen würde – einige Häuser haben bereits begonnen solche Aufgaben bei speziellen Fachkräften zu bündeln. In Zeiten des Ärztemangels würden Mediziner effektiver eingesetzt, wären dabei motivierter und ihr Arbeitsengagement nähme zu. Viele der Befragten kritisierten die mangelnde Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen. Interessanterweise zieht sich das von den Chefärzten bis zu Ärzten
in Weiterbildung durch. Die ökonomische Verantwortung wird zunehmend den Medizinern zugeschoben. Gerade Chefärzte leiden unter der Belastungssituation zwischen ökonomischen Anspruch und medizinischer Personalführung. Dieser ökonomische Druck wird nicht selten von Hierarchieebene zu Hierarchieebene weitergegeben. Das ist sicherlich ein Auswuchs des DRG Systems, das mit dem Ziel der Kostenreduktion eingeführt wurde. Da die Einnahmen aus den DRGs aber entgegen der Planung nicht nur die Personal- und Sachkosten sondern eben auch die eigentlich den Kommunen und dem Freistaat obliegenden Investitionskosten decken müssen, hat der ökonomische Druck zu dieser unkollegialen Situation in hohem Maße beigetragen.Dabei ist soziale Anerkennung durch Kollegen und Vorgesetzte eine wichtige Ressource für einen gesunden Umgang mit Belastung. Fast 75 % der Befragten fühlen sich durch ihren Vorgesetzten, 50 % durch ihre Kollegen gar nicht bis wenig unterstützt. Hier bedarf es eines Umdenken in der Personalführung durch die Verwaltung und entsprechende Fortbildungen für die Chef- und leitenden Oberärzte. Aktuell steht zu keinem Zeitpunkt der Aus- und Weiterbildung unserer Mediziner Personalführung und –motivation im Curriculum.Gerade die Fachärzte, die „Sandwichkinder“ in der Hierarchie, leiden unter der mangelnden Wertschätzung, Rückkoppelung. Dabei sind sie die Träger des Systems, die sich für einen Lebensarbeitsplatz Krankenhaus entschieden haben. Sie sorgen faktisch für die Weiterbildung, sind hochqualifiziert, machen die Dienste und sind am stärksten belastet. Die Studie belegt, dass das Organisationssystem, die Verantwortungsstruktur für diese Gruppe nichts vorsieht und dringend Lösungen benötigt werden.Beim Umgang mit Belastung spielt Erholung eine wesentliche Rolle. Daher ist es bei einem per se belastenden Beruf besonders wichtig, wie Betroffene sich regenerieren und sich vom beruflichen Alltag in ihrer Freizeit distanzieren. Dabei zeigt die Studie Bemerkenswertes. Zwar ist es relativ bekannt, dass Schlafmangelbzw. Durchschlafen ein Problem bei Klinikärzten darstellt. Dass aber 60 % der Befragten weniger als 6 h vs. 8,2 h bei der Gesamtbevölkerung schlafen, ist erstaunlich. Über 60 % fühlen sich zudem nie bis selten erholt nach dem Schlaf.Auch das Erleben von Erholung in der Freizeit ist bei den Ärzten insgesamt gering ausgeprägt. 70 % gaben an, Schwierigkeiten zu haben, sich in ihrer Freizeit gedanklich zu distanzieren und neue Kräfte zu tanken. Das ist laut der Autorin Calra Albrecht sehr alarmierend.Die Studie von Frau Albrecht hat dem Marburger Bund eindrucksvoll bewiesen, dass die Arbeitsbedingungen der Handlungsauftrag der Mitglieder bleiben. Ende des Jahres stehen mit beiden großen Arbeitgeberverbänden (VKA und TdL) Tarifverhandlungen auf der Agenda. Hier könnte man gemeinsam an den
Strukturen in den Kliniken arbeiten, so dass die „knappe Ressource Arzt“ besser eingesetzt werden kann und somit einen positiven Effekt auf deren Arbeitszufriedenheit und –engagement erzielt würde

Quelle : Marburger Bund Bayern