8. Dezember 2016 - Frankfurt

Die Überziehungskredite der Bundesbank an das Euro-System (Target-Salden) sind im November auf ein Allzeit-Hoch von 754 Milliarden Euro gestiegen. Allein im November betrug der Zuwachs 46 Milliarden Euro. "Der starke Anstieg dürfte vor allem auf die zunehmende Kapitalflucht aus Italien und auf die Rückkauf-Aktionen der Europäischen Zentralbank (EZB) zurückgehen", sagte der Präsident des ifo Instituts, Clemens Fuest in Frankfurt. "Die Bundesregierung sollte intervenieren, um die EZB zu veranlassen, Maßnahmen zu ergreifen, den unrechtmäßigen und übermäßigen Gebrauch der Überziehungskredite für eine Vermögensumschichtung in der Eurozone einzudämmen", sagte Fuest.
Nach Einschätzung von Fuest ist die Entwicklung bedrohlich für Deutschland und die Eurozone, weil die von der Bundesbank zwangsweise vergebenen Überweisungskredite mittlerweile fast die Hälfte des Netto-Auslandsvermögens der Bundesrepublik Deutschland ausmachen. Im Falle eines Auseinanderbrechens des Euros wären erhebliche Teile dieses Vermögens der Bundesbank vermutlich abzuschreiben. Der Verlust träfe den deutschen Staat und damit den Steuerzahler. Der Rückkauf von Staatspapieren durch die nationalen Notenbanken schwemmt derzeit sehr viel Überweisungsgeld nach Deutschland, das großenteils für den Kauf deutscher Aktien und Firmen verwendet wird.
Der bisherige Höchststand der Target-Salden lag im August des Jahres 2012, auf dem damaligen Höhepunkt der Eurokrise. Die Forderungen der Bundesbank resultieren aus Überweisungskrediten im Auftrag ausländischer Notenbanken, die dazu dienen, in Deutschland Güter oder Vermögensobjekte zu kaufen oder Schulden zu tilgen, ohne dass es entsprechende Gegenleistungen des Auslands gibt. Anders als es zum Beispiel zwischen den District-Notenbanken der USA der Fall ist, müssen die Target-Schulden der anderen Notenbanken in Europa nicht getilgt werden, sondern bleiben als derzeit unverzinsliche Buchschulden bestehen.

Foto : Bayexna
Quelle : ifo Institut .- Europäische Zentralbank
Namenverzeichnis : Prof. Dr. Clemens Fuest.

8. Dezember 2016 München

Der ifo-Präsident Clemens Fuest hat die Entscheidung der Europäischen Zentralbank begrüßt, nach dem März die Käufe von Staatsanleihen zu verringern. „ Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Auch wenn es besser gewesen wäre, den Umfang der Käufe Monat für Monat noch stärker zu verringern“, sagte er. " Denn nach Einschätzung des ifo Instituts wird die Euro-Inflationsrate bis März auf eine Jahresrate von 1,5 Prozent steigen und bis zum Jahresende auf 1,6 Prozent. Das ist nahe dran an den knapp unter zwei Prozent, die die EZB anstrebt. Das Argument der EZB für die Anleihekäufe trägt also 2017 nicht mehr.“ Hintergrund sei, dass der Rückgang der Ölpreise zum Stillstand gekommen sei und dass dieser drückende Effekt auf die Inflationsrate ganz mechanisch auslaufe. Fuest ergänzte: " Damit treten bei den Anleihekäufen der EZB die negativen Nebenwirkungen in den Vordergrund."
Foto : Bayexna
Namenverzeichnis : Prof. Dr. Clemens Fuest.
Quelle : ifo Institut

München, 10. März 2016 - Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn hat die Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) kritisiert. „Dass die EZB nun beschlossen hat, den konkursgefährdeten Banken Südeuropas Langfristkredite zu einem negativen Zins von 0,4 Prozent zu geben, beweist einmal mehr, dass sie eine fiskalische Umverteilungspolitik zur Rettung von Zombiebanken und fast konkursreifen Staaten betreibt. Diese Umverteilungspolitik ist keine Geldpolitik, und es fällt der EZB immer schwerer, sie als eine solche zu verkaufen. Da sie sich durch den Europäischen Gerichtshof gedeckt sieht, wagt sich die EZB immer weiter über die Grenzen ihres Mandats hinaus“, sagte er am Donnerstag.
„Gleichwohl bereitet die EZB weitere Schritte dieser Art vor, indem sie den 500-Euro-Schein abschaffen will, damit das Ansammeln von Bargeld noch teurer wird. Das ist eine völlig verfehlte Politik.“ Auch die Ausweitung der Anleihekäufe von 60 auf 80 Milliarden Euro pro Monat bemängelte er: „Mehr Wasser hilft nicht, wenn die Pferde nicht saufen wollen“, sagte Sinn. „Die EZB scheint am Ende ihres Lateins angekommen.“
10 März 2016 Frankfurt EZB-Rat
Auf der heutigen Sitzung hat der EZB-Rat die folgenden geldpolitischen Beschlüsse gefasst: 1) Der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte des Eurosystems wird um 5 Basispunkte auf 0,00 % gesenkt. Dies gilt erstmals für das am 16. März 2016 abzuwickelnde Geschäft. 2) Der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität wird mit Wirkung vom 16. März 2016 um 5 Basispunkte auf 0,25 % gesenkt. 3) Der Zinssatz für die Einlagefazilität wird mit Wirkung vom 16. März 2016 um 10 Basispunkte auf -0,40 % gesenkt. 4) Das Volumen der monatlichen Ankäufe im Rahmen des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten wird mit Wirkung vom April auf 80 Mrd € ausgeweitet. 5) Auf Euro lautende Investment-Grade-Anleihen von Unternehmen (ohne Banken) im Euro-Währungsgebiet werden in die Liste der Vermögenswerte aufgenommen, die für reguläre Ankäufe zugelassen sind.
Quelle : Europäische Zentralbank

10. März 2016 Frankfurt
Bundesbankpräsident im März ohne Stimmrecht
Bundesbankpräsident Jens Weidmann hatte in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass die längerfristigen Risiken und Nebenwirkungen der ultra-expansiven Geldpolitik nicht einfach ausgeblendet werden dürfen. Allerdings war er bei der EZB-Ratssitzung am 10. März turnusgemäß nicht stimmberechtigt. Wie alle übrigen Ratsmitglieder konnte er jedoch an der Sitzung teilnehmen und seine Argumente vertreten.
Hintergrund ist das Abstimmungsverfahren nach dem Rotationsprinzip, das Anfang 2015 mit der Erweiterung des Euro-Raums auf 19 Mitgliedstaaten in Kraft getreten ist. Danach verfügen die fünf größten Länder, also Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande, im Rat über vier Stimmen. Bei jeder Ratssitzung hat rotierend ein Mitglied der Gruppe kein Stimmrecht. Auf die übrigen 14 nationalen Notenbankpräsidenten entfallen insgesamt elf Stimmrechte, wodurch jeweils drei Mitglieder rotierend nicht mit abstimmen dürfen. Die sechs Mitglieder des EZB-Direktoriums haben immer Stimmrecht.

Quelle : Deutsche Bundes Bank

5 März 2015 München “ Griechenlands Zahlungslast "
Die Finanzierung der Kapitalflucht aus Griechenland durch das Eurosystem hat die Zahlungsverpflichtungen des Landes gegenüber öffentlichen Institutionen im Ausland kräftig erhöht. Sie stiegen bis Ende Januar auf 319 Milliarden Euro oder 173 Prozent der griechischen Jahreswirtschaftsleistung, wie Berechnungen des ifo Institutes ergaben. „Griechenland wird um ein drittes Rettungspaket sowie immer wieder neue Pakete nicht herumkommen, wenn es im Euro bleibt. Besser wären aber ein formeller Konkurs mit einem Austritt und einer Abwertung, damit die Realwirtschaft wieder auf die Beine kommt“, sagte ifo-Präsident Hans-Werner Sinn in München. „Das Land ist konkursreif und wird doch immer weiter mit öffentlichen Mitteln finanziert. Das ist Konkursverschleppung, die den Anlegern die Möglichkeit gibt, sich zu Lasten der Staatengemeinschaft aus dem Staube zu machen.“ Berücksichtigt sind in den 319 Milliarden Euro die Netto-Leistungen aus den Hilfsprogrammen der Euroländer und des Internationalen Währungsfonds, die Käufe von griechischen Staatspapieren durch andere Notenbanken sowie die Überziehungskredite aus dem Zahlungssystem Target und die überproportionale Banknoten-Ausgabe in Griechenland.Falls der griechische Staat und die Banken des Landes in Konkurs gehen sollten, entfielen von den maximalen Haftungssummen auf Deutschland (Staat und Notenbank) 84,7 Milliarden Euro, auf Frankreich 64,6 Milliarden Euro, auf Italien 56,4 Milliarden Euro und auf Spanien 38,4 Milliarden Euro. Die Niederlande sind mit maximal 18,3 Milliarden Euro dabei, Belgien mit 11,4 Milliarden Euro, Österreich mit 8,9 Milliarden Euro und Finnland mit 5,7 Milliarden Euro. Portugal haftet mit 3,8 Milliarden Euro, die Slowakei mit 2,7 Milliarden Euro. Die genannten Zahlen beziehen sich auf den Fall eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone und damit auf den für die Staatengemeinschaft günstigeren Fall. Bei einem Verbleib Griechenlands im Euro wären statt der Target -Verbindlichkeiten und der überproportionalen Banknoten-Ausgabe die Kredite der griechischen Zentralbank an die örtlichen Geschäftsbanken zu berücksichtigen. Dann wären die Haftungssummen noch etwas höher; für Deutschland entstünden nach derzeitigem Stand Verluste von maximal 85,2 Milliarden Euro. Hinzu kämen immer wieder neue Rettungsaktionen zum Ausgleich der fehlenden Wettbewerbsfähigkeit des Landes.

Foto : Bayexna
Quelle : Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn

22. Januar 2015 16:15 Uhr München “ Europäische Zentralbank Beschlüsse “
Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn hat die Beschlüsse der Europäischen Zentralbank (EZB) kritisiert. „Das ist illegale und unsolide Staatsfinanzierung durch die Notenpresse. Wenn die EZB Papiere kauft, werden die Staaten neue Papiere verkaufen und somit von der Druckerpresse finanziert. Das ist nach Artikel 123 des EU-Vertrages eigentlich verboten und bedarf der Klärung durch das deutsche Verfassungsgericht Es ist schwer nachvollziehbar, warum die EZB sich daran stört, dass die Ölpreise gefallen sind und nun eine Politik betreibt, die über eine Abwertung des Euro die Ölpreise wieder erhöht, zumal die Abwertung auch noch andere Importpreise erhöhen und die Realeinkommen der Verbraucher vermindern wird.“ Zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Staaten Südeuropas müssten dort entweder die Preise fallen oder Deutschland müsse inflationieren. Die EZB habe sich nun für den zweiten Weg entschieden.
Der Hauptgrund für die Beschlüsse sei nicht die Bekämpfung der Deflation, sondern die Rettung der Banken und Staaten der Krisenländer. „Die Käufe werden die Kurse der von den Banken gehaltenen Staatspapiere erhöhen und den Banken neues Eigenkapital verschaffen“, sagte Sinn. Zugleich würden sie die ohnehin niedrigen Zinsen auf Staatspapiere weiter senken und die Anreize zur Neuverschuldung insbesondere bei den Krisenstaaten vergrößern, was den Reformdruck verringere. „Wenn 20 Prozent der Käufe in gemeinschaftlicher Haftung liegen, bedeutet das, dass die EZB zu 20 Prozent Eurobonds schafft. Es ist bemerkenswert, dass die EZB in aller Deutlichkeit erklärt hat, dass das Programm fiskalische Risiken für die Steuerzahler mit sich bringt. Diese Risiken werden zu einem Teil über die Landesgrenzen umverteilt.“

Foto : Bayexna
Quelle : Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn
Info : Der EZB-Rat hat heute ein erweitertes Programm zum Ankauf von Vermögenswerten angekündigt. Ziel des Programms ist es, dass die EZB ihr Mandat zur Gewährleistung von Preisstabilität erfüllt. Es sieht vor, dass die EZB zusätzlich zu ihren bestehenden Programmen zum Ankauf von Vermögenswerten des privaten Sektors Staatsanleihen ankauft, um den Risiken einer zu lang anhaltenden Phase niedriger Inflation zu begegnen. Insgesamt sind monatliche Ankäufe von Vermögenswerten in Höhe von 60 Mrd € geplant. Die Ankäufe sollen mindestens bis September 2016 und in jedem Fall so lange erfolgen, bis der EZB-Rat eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung erkennt, die im Einklang steht mit seinem Ziel, mittelfristig Inflationsraten von unter, aber nahe 2 % zu erreichen.
Die EZB wird von im Euroraum ansässigen Zentralstaaten, Emittenten mit Förderauftrag und europäischen Institutionen begebene Anleihen im Sekundärmarkt gegen Zentralbankgeld erwerben. Diese Mittel können die Verkäufer der Wertpapiere zum Erwerb anderer Vermögenswerte und zur Kreditvergabe an die Realwirtschaft verwenden. In beiden Fällen trägt dies zu einer Lockerung der finanziellen Bedingungen bei. Was hypothetische Verluste anbelangt, so hat der EZB-Rat beschlossen, dass Verluste aus Ankäufen von Wertpapieren europäischer Institutionen gemeinsam zu tragen wären. Diese Wertpapiere machen 12 % der zusätzlichen Ankäufe von Vermögenswerten aus und werden von NZBen erworben. Die übrigen zusätzlichen Ankäufe von Vermögenwerten durch die NZBen unterliegen nicht der Verlustteilung. Die EZB hält 8 % der zusätzlich angekauften Vermögenswerte. Somit unterliegen 20 % der zusätzlichen Ankäufe von Vermögenswerten dem Prinzip der Risikoteilung.
Quelle : Europäische Zentralbank

2. Oktober 2014 München “ Kreditverbriefungen der EZB “
Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn hat den Kauf von Kreditverbriefungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) scharf kritisiert. „Die EZB wird damit vollends zu einer Bail-out-Behörde und einer Bad Bank Europas“, sagte er in München. „Die EZB will offenbar auch Schrott kaufen und erhöht auf diese Weise die Belastung für die Steuerzahler, wenn es Ausfälle gibt, denn sie müssen für die reduzierten Gewinnausschüttungen der EZB aufkommen. Diese Käufe sind nicht gedeckt durch das Mandat der EZB, denn es handelt sich dabei um eine fiskalische und keine geldpolitische Maßnahme, zur Unterstützung der Finanzsysteme nahezu bankrotter Länder. Es ist bezeichnend, dass die EZB speziell die Papiere jener Länder aufkaufen will, die EU-Programmländer sind. Auch Griechenland und Zypern wird geholfen, obwohl die Rating-Agenturen die Staaten nicht mehr als investitionswürdig einstufen. Auch wenn die EZB nicht müde wird, das Gegenteil zu behaupten, sie betreibt eine fiskalische Rettungspolitik, zu der sie durch die EU-Verträge explizit hätte befugt werden müssen. Die Mandatsüberschreitung ist offenkundig. Die Bundesregierung ist verpflichtet, aktiv dagegen vorzugehen, und wenn sie es nicht tut, kann sie jeder Bürger vor dem Bundesverfassungsgericht verklagen, es zu tun.“
Quelle : ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V.

26.Juni 2014 8 : 45 Uhr München “ ifo Konjunkturprognose 2014
Der Aufschwung in Deutschland setzt sich fort. In diesem Jahr dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt um 2,0% und im kommenden Jahr um 2,2% zulegen. Getragen wird der Aufschwung von der Binnenkonjunktur.Die Investitionen in neue Ausrüstungen werden beschleunigt expandieren, die hohe Auslastung der Produktionskapazitäten macht Ersatzbeschaffungen und Erweiterungsinvestitionen erforderlich. Auch die Bauinvestitionen werden weiter merklich steigen, hier wirken das Misstrauen gegenüber Auslandsanlagen und das niedrige Zinsniveau als Turbo. Der private Konsum dürfte im Tempo der steigenden Realeinkommen zunehmen. Die Exporte legen beschleunigt zu, da sich die Weltkonjunktur verbessert. Noch stärker aber werden die Importe aufgrund der hohen binnenwirtschaftlichen Dynamik steigen. Die Geldpolitik in den großen fortgeschrittenen Volkswirtschaften ist weiterhin sehr expansiv ausgerichtet. In Japan und im Euroraum dürften die Zentralbanken ihren hohen Expansionsgrad aufrechterhalten, während in den
USA und Großbritannien angesichts der anziehenden Konjunktur allerdings bereits erste Leitzinsanhebungen im Prognosezeitraum zu erwarten sind. Die Weltwirtschaft im Prognosezeitraum dürfte sich das globale Expansionstempo moderat beschleunigen. Die Impulse dafür werden wohl vor allem aus den fortgeschrittenen Volkswirtschaften kommen. In den USA wird sich die konjunkturelle Dynamik erhöhen, die von einer verbesserten Vermögenssituation der Haushalte und Unternehmen, einer zunehmenden Aufhellung auf dem Arbeits- und Immobilienmarkt und einer expansiven Geldpolitik getragen wird. Die wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum wird zwar weiterhin unter der Last der nur langsam und mühselig zu lösenden Strukturprobleme leiden, die in mehreren Mitgliedsländern noch immer präsent sind. Dennoch wird sich die Erholung der gesamtwirtschaftlichen Aktivität temporär festigen, auch wenn erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedsländern fortbestehen. Insbesondere Deutschland dürfte im Prognosezeitraum erneut deutlich stärker zulegen als der Durchschnitt des Euroraums, während Frankreich und Italien wohl eine vergleichsweise geringe wirtschaftliche Dynamik entfalten werden. Ein Hauptrisiko für die Weltkonjunktur stellt nach wie vor die fragile Lage im Euroraum dar. Trotz der Reformmaßnahmen, die mehrere Mitgliedsländer in der jüngsten Vergangenheit eingeleitet haben, ist der Anpassungsprozess noch lange nicht abgeschlossen. Vielmehr sind viele dieser Länder noch immer viel zu teuer, um wettbewerbsfähig sein zu können. Jederzeit können wieder, ähnlich wie in den vergangenen drei Jahren, krisenhafte Verwerfungen auftreten. Die rückläufigen Inflationsraten im Euroraum, die mittlerweile in allen Mitgliedsländern zu beobachten sind, bergen Risiken und Chancen. Zwar ist der Inflationsrückgang zu einem erheblichen Teil auf die Aufwertung des Euro sowie die Entwicklung bei den Preisen für Energierohstoffe und Nahrungsmittel zurückzuführen. Zudem ist eine Disinflation oder gar Deflation auf mittlere Sicht für die Krisenländer durchaus wünschenswert, da erst sie die dringend notwendige reale Abwertung gegenüber wichtigen Handelspartnern und damit die lange ersehnte Verbesserung ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit ermöglicht. Doch könnte irgendwann eine lange Phase niedrigen Preisauftriebs, die auch die gesunden Teile der Währungsunion sowie die Mehrzahl der Gütergruppen erfasst, zu einer Abwärtsrevision der langfristigen Inflationserwartungen von Investoren, Konsumenten und Produzenten führen. Im Extremfall könnte es zu einer Spirale aus Inflationsrückgängen und sukzessiven Herabsenkungen der Inflationserwartungen kommen, die in eine dauerhafte Deflationsphase mündet. Noch überwiegen aber nach Einschätzung des ifo Instituts die positiven Effekte eine Korrektur der relativen Güterpreise.
Schließlich gehen geopolitische Risiken vom andauernden russisch-ukrainischen Konflikt und dem jüngst im Irak ausgebrochenen Konflikt aus. So könnte eine Eskalation des Konflikts mit der Ukraine zu einer Spirale gegenseitiger Sanktionen zwischen Russland und dem Westen führen. Der Bürgerkrieg im Irak könnte weite Teile des Nahen Ostens politisch destabilisieren. Da diese Region zu den wichtigsten Erdölproduzenten gehört, könnten Verwerfungen dort zu einem scharfen Anstieg der Ölpreise führen und somit die globale Konjunkturdynamik verlangsamen.

Foto : Bayexna
Namenverzeichnis : Prof. Timo Wollmershäuser

5. Juni 2014 München " Beschlüsse der EZB "
Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn hat die Beschlüsse der EZB kritisiert. „Das ist der verzweifelte Versuch, mit noch billigerem Geld und Strafzinsen auf Einlagen die Kapitalströme nach Südeuropa umzuleiten und so dort die Wirtschaft anzukurbeln“, sagte er am Donnerstag in München. „Das kann deshalb nicht funktionieren, weil dort vorher die Wettbewerbsfähigkeit verbessert werden müsste durch Reformen des Arbeitsmarktes. Die Zeche zahlen jetzt alle jene, die Geld langfristig anlegen, also die Sparer und die Besitzer von Lebensversicherungen.“

Quelle : ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V.

18.März 2014 12:00 Uhr “ ifo Institut bedauert Urteil zum ESM
Der Präsident des ifo Instituts, Hans-Werner Sinn, hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Euro-Rettungsschirm ESM bedauert.„ Das Gericht setzt die Latte für eine Verfassungswidrigkeit zu hoch an. Sie wird erst dann angenommen, wenn das Haushaltrecht des Bundestages vollständig leerläuft“, so Sinn

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Immerhin müsse das Bundesfinanzministerium nun aber Einzahlungen in den ESM vorab in den Haushalt einstellen und dürfe dies nicht im Jahresverlauf per Nachtrags- oder Nothaushalt regeln.
Das Urteil habe zum Glück auch Folgen für die geplante Bankenunion, sagte Sinn weiter. Das Gericht lehne Leistungs-Automatismen ab. Der Bundestag müsse jede Überweisung im Einzelfall beschließen. Die in der Bankenunion von der EU und der EZB angestrebten Automatismen der Unterstützung von Banken durch Mittel aus dem ESM seien damit verboten. Außerdem müsse Deutschland laut Gericht sein Vetorecht im ESM behalten und dürfe nach einer Erweiterung um neue ESM-Mitglieder nicht überstimmt werden können. Dies sei ein „wichtiger Pflock, den das Gericht eingerammt hat“. Das Gericht lehne auch eine gesamtschuldnerische Haftung für die Einzahlungen in den ESM ab. Deutschland dürfe also nicht mit mehr Geld einspringen, wenn andere Zahler ausfallen sollten.
Leider habe das Gericht in diesem Urteil die Bedeutung der Target-Salden der Euro-Zentralbanken nicht erkannt. Das Gericht erklärt, die Klagen hätten spätestens ein Jahr nach der Einrichtung des Target2-Systems im Jahr 2007 ergehen müssen, und die Kläger hätten die Haftungsrisiken nicht hinreichend begründet. Prof. Sinn bedauert diese Stellungnahme, weil es nun einmal ein Faktum sei, dass die EZB die Hälfte der Geldmenge des Eurosystems, etwa 600 Mrd. Euro, als Sonderkredite gegen schlechte Sicherheiten für die Banken der Krisenländer zur Verfügung gestellt habe. Das mache die Bundesbank indirekt zum größten Einzelgläubiger dieser Banken. Mit öffentlichen Geldern müssten nun die Banken der Krisenländer gerettet werden, um auf diese Weise das bereits verliehene Geld zu retten. Das alles sei passiert, nachdem die Klagefrist bereits verstrichen war.
Prof . Sinn wies darauf hin, dass das Urteil zu den Rettungsversprechen der Europäischen Zentralbank im Rahmen des OMT von der heutigen Stellungnahme nicht berührt werde, da dieser Verfahrensteil abgespalten worden ist. Das Gericht habe ja vor einem Monat die Vermutung geäußert, dass die Europäische Zentralbank ihre Macht missbrauche, und mitgeteilt, es werde den EuGH anrufen, um klären zu lassen, wie man den Machtmissbrauch begrenzen könne.

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Quelle : ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V.

7 Februar 2014 15:00 Uhr “ Bundesverfassungsgericht zum OMT - Programm
Stellungnahme des ifo Instituts und von Prof. Hans-Werner Sinn zur heutigen Erklärung des Bundesverfassungsgerichts zum OMT-Programm der EZB. ( OMT-Programm ist die Ankündigung der Europäischen Zentralbank unbegrenzt Staatsanleihen aufzukaufen )

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner heutigen Stellungnahme erklärt, dass die Europäische Zentralbank mit dem OMT-Programm zum Ankauf von Staatspapieren ihre Kompetenzen überschritten hat. Das Programm sei mit dem Primärrecht der EU unvereinbar. Damit gab es den Klägern Recht und bestätigt vollumfänglich die Position, die auch der Präsident des ifo Instituts in seinem Gutachten als Sachverständiger des Gerichts im Juni 2013 zum OMT vertreten hatte.
Dies sind die entscheidenden Argumente des Gerichts
1. Das OMT-Programm kann zu einer erheblichen Vermögensumverteilung zwischen den Staaten Europas führen, wenn die erworbenen Papiere bis zur Fälligkeit gehalten werden.
Kommentar Prof. Sinn: Dass die Papiere vermutlich bis zur Fälligkeit gehalten werden, ergibt sich schon daraus, dass nur Papiere mit einer Restlaufzeit von ein bis drei Jahren erworben werden. Die möglichen Abschreibungsverluste auf solche Papiere schlagen voll und ganz auf die Steuerzahler durch, denn die Gewinne des EZB-Systems aus dem Verleih des selbstgemachten Geldes (Seignorage) sind an die jeweiligen Finanzministerien abzuführen. Die Möglichkeit der EZB, ggfs. mit negativem Eigenkapital weiterzuarbeiten, ist dafür bedeutungslos.
2. Der selektive Aufkauf der Staatspapiere der Krisenländer qualifiziert den OMT-Beschluss als wirtschaftspolitische Maßnahme, zu der die EZB nicht befugt ist. Eine zwischen einzelnen Mitgliedstaaten differenzierende Vorgehensweise ist dem System der europäischen Zentralbanken grundsätzlich fremd. Man kann sie nicht als geldpolitische Maßnahme rechtfertigen.
Kommentar Prof. Sinn: In der Tat betreibt die EZB mit diesem Beschluss eine regionale Fiskalpolitik zum Schutz der Kreditaufnahme einzelner Länder. Eine solche Maßnahme findet keinerlei Pendant in anderen Währungsunionen wie z.B. den USA oder der Schweizer Konföderation. Die US-amerikanische Federal Reserve Bank kauft zwar bundesstaatliche Papiere, doch nicht die Staatspapiere von in Bedrängnis geratenen Staaten wie Kalifornien oder Illinois.
3. Das OMT-Programm ist ein funktionales Äquivalent der entsprechenden Hilfsprogramme EFSF und ESM, unterliegt aber keiner demokratischen Kontrolle.
Kommentar Prof. Sinn: In der Tat enthält der ESM mit der sogenannten Secondary Market Support Facility (SMSF) ein Eventualprogramm zum Ankauf von Staatspapieren, das praktisch mit dem OMT identisch ist, weil es die gleiche Konditionalität hat, nämlich die Unterwerfung unter die Regeln des ESM, jedoch in seinem Umfang durch die Haftungsschranken des ESM begrenzt ist. Ist das OMT Geldpolitik, wie die EZB behauptet, so überschreitet der ESM sein Mandat. Ist hingegen die SMSF Fiskalpolitik, wie der ESM behauptet, überschreitet die EZB ihr Mandat. Aus logischen Gründen muss mindestens eine der beiden Institutionen, ESM oder EZB, ihr Mandat überschreiten. Das Gericht hat nun festgestellt, dass die EZB ihr Mandat überschreitet.
4. Die Absicht der EZB, die Zinsaufschläge der Märkte bei den Staatspapieren bedrängter Länder zu neutralisieren, spricht dafür, dass das OMT eine nach Artikel 123 AEUV verbotene monetäre Staatsfinanzierung ist.
Kommentar Prof. Sinn: Diese Position hatte das Gericht auch schon in seinem vorläufigen Urteil vom September 2012 vertreten. Dort sprach es von einem Verbot einer Politik, die darauf zielt, die Finanzierung eines Staates vom Kapitalmarkt unabhängig zu machen. In der neuen Stellungnahme wird das Gericht präziser, indem es sich generell gegen eine Politik wendet, die die Zinsaufschläge verringert. Diese Position ist ökonomisch korrekt, denn Zinsaufschläge sind das zentrale Mittel zur Vermeidung von Schuldenexzessen im Euroraum. Wenn sich Staaten überschulden, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Schulden zurückzahlen werden, und die Gläubiger verlangen höhere Zinsaufschläge. Das wiederum bremst die Verschuldungsneigung. Angesichts des Umstandes, dass die realwirtschaftliche Krise Südeuropas aus einer inflationären Kreditblase resultierte, die die betroffenen Länder ihrer Wettbewerbsfähigkeit beraubte, ist dies entscheidend für die langfristige Existenz und Stabilität des Eurosystems.
Die EZB tituliert ihre Politik der Eliminierung der Zinsunterschiede als Verbesserung der Transmission der Geldpolitik, doch in Wahrheit verzerrt sie dadurch die Kapitalströme in Europa. Das Sparkapital des Nordens wurde vor der Krise zum Teil in Südeuropa verbrannt. Nun zögert es und ist nur noch bereit, zu höheren Zinsen dorthin zu gehen. Da das der EZB nicht gefällt, gewährt sie ihm mit dem OMT kostenlosen Begleitschutz zu Lasten der Steuerzahler der noch gesunden Länder Europas - eine CDS -Versicherung gegen den Ausfall von Staatspapieren, wie sie ein jeder Anleger auch auf dem Markt erwerben könnte. Das ist zentralplanerische Investitionslenkung, die die allokative Funktion des Kapitalmarktes unterläuft und die Wachstumsverluste, die der Euro Europa beschert hat, perpetuiert.
Schlussbemerkung Prof. Sinn: Das Gericht hat keine Maßnahmen ergriffen, die die Bundesbank oder andere deutsche Instanzen bereits heute binden, sondern den Fall an den Gerichtshof der Europäischen Union verwiesen. Das wird die Kapitalmärkte aufatmen lassen. Dennoch wird das Urteil nicht ohne Auswirkungen auf die Geldpolitik der EZB bleiben. Zum einen wird es die EZB nicht wagen, das OMT zu aktivieren, bevor der EuGH entschieden hat, weil es ohne eine konkrete Anwendung die Fiktion aufrechterhalten kann, es sei noch gar keine Maßnahme ergriffen worden - was ein rechtlich relevanter Tatbestand sein könnte. Zum anderen wird das Urteil seine Auswirkungen auf die öffentliche Debatte nicht verfehlen, weil es die Position der Eurokritiker und die allgemeine Skepsis der Deutschen gegenüber der EZB-Politik verstärken wird. So erhalten die AfD und die eurokritischen Flügel der Unionsparteien (z.B. Gauweiler in der CSU) Aufwind. Das wiederum wird die Bundesregierung zu einer Neubestimmung ihrer Position in der Eurokrise zwingen. Die Politik der augenzwinkernden Zustimmung zur Politik der EZB, mit der Kanzlerin Merkel der Bundesbank in den Rücken gefallen ist, dürfte damit an ihre Grenzen gekommen sein.

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Quelle : ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V.
Info : OMT-Programm ist die Ankündigung der Europäischen Zentralbank unbegrenzt Staatsanleihen aufzukaufen

25. Juli 2012 München “ Staatskonkurs Griechenlands
Zu der aktuellen Entwicklung der Euro Krise wurde am 25. Juli 02 eine Pressemitteilung des ifo Instituts veröffentlicht.

Falls Griechenland zahlungsunfähig wird und aus dem Eurosystem ausscheidet, müsste die Bundesrepublik Deutschland mit einem Verlust von bis zu 82 Mrd. Euro rechnen. Falls Griechenland zahlungsunfähig wird und im Euroraum verbleibt, ist mit einem Verlust von bis zu 89 Mrd. Euro zu rechnen. Berücksichtigt sind in diesen Summen die bereits ausgezahlten Beträge aus den beiden Rettungspaketen für Griechenland, die Käufe von griechischen Staatsanleihen durch die Zentralbanken der Euroländer, die Target-Verbindlichkeiten der griechischen Zentralbank (Stand Ende April 2012), die Verbindlichkeiten Griechenlands aus der überproportionalen Ausgabe von Banknoten und die Forderungen der griechischen No-tenbank gegenüber dem griechischen Bankensystem. Nicht berücksichtigt sind die Ab-schreibungsverluste deutscher Privatgläubiger wie insbesondere der deutschen Banken und Versicherungen.
Internationale Hilfen für Griechenland – Haftung Deutschlands
Ausgezahlte Hilfen (Datenstand: 24. Juli 2012) in Mrd. Euro
1.Hilfspaket Euroländer Ingesamt : 52,9 Mrd. Deutscher Anteil : 15,2 Mrd..
1,Hilfspaket IWF 20,1 Mrd. Deutscher Anteil : 1,2 Mrd.
2.Hilfspaket EFSF 73,9 Mrd. Deutscher Anteil : 21,5 Mrd.
2.Hilfspaket IWF 1,6 Mrd.Deutscher Anteil : 0,1 Mrd.
Käufe griechischer Staatsanleihen 45,0 Mrd. Deutscher Anteil : 12,4 Mrd.
Target- Verbindlichkeiten (April 2012 ) 96,9 Mrd. Deutscher Anteil : 27,0 Mrd.
Verbindlichkeiten aus der über- 17,4 Mrd. Deutscher Anteil : 4,8 Mrd.proportionalen Ausgabe von Banknoten (April 2012 Summe bei Konkurs und Austritt 307,8 Mrd. Deutscher Anteil : 82,2 Mrd.
Forderungen der griechischen Zentralbank gegenüber dem Banksystem (juni 2012 ) 331 Mrd. Deutscher Anteil:88,7 Mrd

Erläuterungen: Zu (1) und (2): ursprüngliche Beträge 80 Mrd. Euro bzw. 30 Mrd. Euro, noch nicht ausgezahlte Restbeträge wurden in das 2. Hilfspaket übertragen. Zu (5): Betrag geschätzt, ohne Käufe griechischer Staatsanleihen durch die griechische Zentralbank. Anteil Deutschlands von (1): vertraglich festgelegt, von (2) und (4): wie Beitrag zur Kapitalausstattung des IWF (6,1%), von (3): Anteil am EFSF-Schlüssel; bereinigt um die „Stepping out Guarantors“ Griechenland, Irland und Portugal (29,1%), von (5), (6), (7) und (8): Anteil am EZB-Kapital ohne Griechenland (27,8%). In der ersten Summe sind die Verluste für den Fall berechnet, dass Griechenland zahlungsunfähig wird und zugleich aus dem Euro austritt. In diesem Fall wird das Rechtsverhältnis der EZB zum griechischen Geschäftsbankensystem aufgelöst, doch die Target-Forderungen der EZB gegenüber Griechenland sowie die Forderungen gegen Griechenland aufgrund einer überproportionalen Ausgabe von Banknoten bleiben bestehen. Deutschland verliert nun nur seinen Anteil an diesen EZB-Forderungen. Die zweite Summe bezieht sich auf den Fall, dass Griechenland zahlungsunfähig wird, doch im Euro verbleibt. Die Rechnung ist nun etwas anders, weil dann das EZB-System als Ganzes noch Forderungen gegen die griechischen Banken sowie auch noch ELA-Forderungen gegen den griechischen Staat hat, die sich mit den Target-Forderungen überlappen. Geht man davon aus, dass bei einem Staatsbankrott auch die Bankenbankrott sind und die Sicherheiten, die sie ihrer Notenbank eingereicht haben, ohnehin überwiegend Staatspapiere oder staatlich besicherte Papiere sind, liegen die Verluste noch höher. Wenn keine Refinanzierungskredite zurückgezahlt werden, kommen noch einmal Verluste für jenen Teil der Refinanzierungskredite in Griechenland hinzu, der der Selbstversorgung des Landes mit Liquidität gedient hat. Statt des anteiligen Verlustes aus den Target-Krediten sind in diesem Fall für Deutschland anteilige Verluste in Höhe der gesamten Forderungen der griechischen Zentralbank gegenüber dem griechischen Bankensystem zu rechnen. Da letztere bei 137,5 Mrd. Euro liegen und der deutsche Anteil daran 27,8% beträgt, sind die 27 Mrd. Euro Target-Verlust und 4,8 Mrd. Euro Ver-lust aus der Banknotenausgabe in der obigen Rechnung durch 38,3 Mrd. Euro zu erset-zen, und es ergibt sich ein Gesamtverlust von 88,7 Mrd. Euro, wie es in der letzten Zeile ausgewiesen ist.

Foto : Bayexna
Namenverzeichnis : Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo Instituts
Quellen: BMF, IWF, EU-Kommission, EFSF, EZB, Bank of Greece, Berechnungen des ifo Instituts.

8 Juni 2012 München “ 699 Mrd. Target-Kredite der Bundesbank
Zu der aktuellen Entwicklung der Euro Krise wurde am 8 Juni 2012 eine Pressemitteilung des ifo Instituts veröffentlicht.

Die Target-Kredite der Bundesbank steigen weiter
Nachdem die Target-Kredite der Bundesbank an das EZB-System schon bis zum April auf 644 Mrd. Euro angestiegen waren, sind sie im Mai, wie die Bundesbank mitteilt, um weitere 55 Mrd. Euro auf insgesamt 699 Mrd. Euro gestiegen. Der Prozess der Umwandlung des Sparvermögens der Deutschen von marktfähigen Anlagen ihrer Banken auf bloße Ausgleichsforderungen gegen die EZB, die nur minimal verzinst sind und nie fällig gestellt werden können, geht mit Riesenschritten voran. Knapp 75 % des Nettoauslandsvermögens der Deutschen bestehen nun aus bloßen Target-Forderungen. Target-Kredite entstehen, indem andere Euroländer für Waren oder Vermögensobjekte, die sie in Deutschland kaufen, bei der Bundesbank anschreiben lassen oder indem sie ihre privaten Schulden in Deutschland tilgen und stattdessen eine Schuld gegenüber der Bundesbank akzeptieren.
Die Bundesbank ist an dem Prozess nicht aktiv beteiligt. Er liegt vielmehr in der Mechanik des EZB-Systems begründet. Hätte Europa ein Währungssystem wie die USA, dann hätte die Bundesbank heute das Recht, die Tilgung der vergebenen Kredite in Form einer Übertragung von marktfähigen Wertpapieren im Wert von etwa 700 Mrd. Euro zu verlangen.

Foto : Bayexna
Quelle : ifo Institut - Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. -

18. Mai 2012 München “Alle Augen auf Spanien
Zu der aktuellen Entwicklung der Euro Krise wurde am 18.Mai 2012 eine Pressemitteilung des ifo Instituts veröffentlicht. Nachdem das eine Billion Euro schwere Kreditprogramm der Europäischen Zentralbank die globalen Finanzmärkte zunächst beruhigt zu haben schien, steigen die Zinsen für die Staatspapiere Italiens und Spaniens nun wieder an und bewegen sich inzwischen auf die Sechs-Prozent-Marke zu.Das mag zwar keine Belastungsgrenze sein, jenseits derer die Schuldenlast untragbar wird. Immerhin hatten die Zinsen in Südeuropa im Jahrzehnt vor der Einführung des Euro bei deutlich mehr als zehn Prozent gelegen. Selbst Deutschland musste den Inhabern von Staatsanleihen damals Zinsen von mehr als sechs Prozent zahlen. Dennoch signalisieren die Märkte offenbar wachsende Zweifel, ob Spanien und Italien ihre Schuldenlast werden tragen können und wollen.Das Hauptproblem ist Spanien. Die private und öffentliche Auslandsverschuldung Spaniens ist größer als die von Griechenland, Portugal, Irland und Italien zusammen genommen, und sie liegt wie jene von Portugal und Irland in der Gegend von 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) (genau 92%). Ein Viertel der Erwerbspersonen und die Hälfte der Jugend Spaniens sind arbeitslos, weil das Land durch den kreditfinanzierten Immobilienboom seine Wettbewerbsfähigkeit verloren hatte. Das Leistungsbilanzbilanzdefizit liegt trotz des rezessionsbedingten Rückgangs der Importe immer noch bei 3,5 Prozent des BIP, und wegen der Wirtschaftsflaute wird Spanien die Zielwerte der EU für das Budgetdefizit verfehlen.Die spanischen Schulden im europäischen Zahlungssystem Target bei der Europäischen Zentralbank wuchsen von Februar bis März um 65 Milliarden Euro, weil eine Kapitalflucht in diesem Umfang kompensiert werden musste. Target-Schulden entstehen bei der EZB durch Überweisungen zwischen den Euro-Staaten. Seit Juli 2011 hat die spanische Target-Schuld um 219 Milliarden Euro zugenommen. Die Kapitalflucht hat den Kapitalimport der Jahre 2008 bis 2010 inzwischen vollkommen kompensiert. Summiert vom Beginn des ersten Krisenjahres (2008) bis jetzt hat Spanien sein gesamtes Leistungsbilanzdefizit mit der Notenpresse finanziert.In Italien, wo der Leistungsbilanzsaldo in den letzten zehn Jahren von etwa plus zwei Prozent des BIP auf minus drei Prozent gefallen ist, sieht es kaum besser aus. Dort wuchs die Target-Schuld von Februar auf März um 76 Milliarden Euro und im April noch einmal um neun Milliarden Euro. Seit Juli 2011 kamen insgesamt 263 Milliarden Euro zusammen. Auch aus Italien flieht das Kapital nach den Maßnahmen der EZB noch schneller als vorher.Inzwischen ist klar, dass die EZB diese Kapitalflucht aus Ländern wie Spanien und Italien großenteils selbst verursacht hat, denn der billige Kredit, den sie bot, hat das private Kapital regelrecht in die Flucht geschlagen. Zweck der Maßnahmen der EZB war es, wieder Vertrauen zu schaffen und den Interbankenmarkt wiederherzustellen. Dabei war sie offenkundig nicht besonders erfolgreich.Und nun sieht es aus, als ob auch Frankreich wackelt. Durch die Kapitalflucht vom Juli 2011 bis zum Februar 2012 sind die französischen Target-Schulden um 86 Milliarden Euro gestiegen. Auch Frankreich hat durch den billigen Kredit, den der Euro in den ersten Jahren brachte, seine Wettbewerbsfähigkeit verloren. Nach einer gerade veröffentlichten Studie von Goldman Sachs muss das französische Preisniveau relativ zum Euro-Durchschnitt um gut 20 Prozent sinken. Auch Frankreich muss also real abwerten, wenn es im Euro-Raum wieder wettbewerbsfähig werden will.Italien muss um zehn bis 15 Prozent abwerten und Spanien um rund 20 Prozent. Zwar müssen Griechenland und Portugal sogar um 30 bzw. 35 Prozent billiger werden, aber auch die Zahlen für Spanien und Italien sind hoch genug, um Angst vor der weiteren Entwicklung der Euro-Zone zu begründen. Nur unter großen Mühen und Inkaufnahme einer Stagnation von einem Jahrzehnt lassen sich diese Ungleichgewichte abbauen, wenn überhaupt. Für Griechenland und Portugal wird es eng in der Euro-Zone. Viele wollen das Problem durch immer mehr billigen Kredit lösen, der durch öffentliche Kanäle, seien es die Rettungsfonds, Euro-Bonds oder die EZB, vom gesunden Kern der Euro-Zone in den problembelasteten Süden geleitet wird. Aber dies würde die Sparer und Steuerzahler der Kernländer in unfairer Weise zwingen, ihr Kapital dem Süden zu Bedingungen zur Verfügung zu stellen, denen sie niemals freiwillig zustimmen würden.Schon bis heute sind die Ersparnisse der Deutschen zu 16.000 Euro, der Holländer und Finnen sogar zu 18.000 Euro pro Erwerbstätigen von marktgängigen Anlagen in bloße Ausgleichsforderungen gegen die EZB verwandelt worden. Niemand weiß, was diese Forderungen noch wert sind, sollte die Eurozone zerbrechen.Vor allem aber würde die öffentliche Dauerversorgung mit billigem Kredit zu einem Siechtum, wenn nicht zum wirtschaftlichen Kollaps Europas führen, weil die Euro-Zone so zu einem Zentralverwaltungssystem mit staatlicher Investitionssteuerung würde. Ein solches System kann nicht funktionieren, weil es den Kapitalmarkt als wichtigstes Steuerungssystem unserer Wirtschaftsordnung ausschaltet. Man kann sich nur wundern, wie bedenkenlos sich die europäischen Politiker auf diese schiefe Bahn begeben haben.

Hans-Werner Sinn Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft Präsident des ifo Instituts
Quelle : ifo Institut - Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. -


18. April 2012 München “ Target - Kredite
Zu der aktuellen Entwicklung der Target-Salden wurde am 18. April 2012 eine Pressemitteilung des ifo Instituts veröffentlicht . Nach aktuellen Berechnungen des Münchner ifo Instituts bezog in den ersten drei Monaten dieses Jahres die italienische Notenbank für 79 Mrd. Euro Target - Kredit aus dem Eurosystem und die spanische Notenbank für 77 Mrd. Euro. Davon entfielen 76 Mrd. Euro bzw. 41 Mrd. Euro auf den März. Seit Juli 2011 sind von den Notenbanken dieser Länder Target-Kredite im Umfang von 483 Mrd. Euro gezogen worden, um ihre Volkswirtschaften auf diese Weise mit billigen Krediten versorgen zu können. Das ist fast so viel wie nun zusätzlich von den Parlamenten als ESM-Hilfen gebilligt werden soll. Leidtragende sind aus Sicht des ifo Instituts die Sparer der noch soliden Länder Europas, deren Vermögensanlage nun zur EZB umgelenkt wurde. Die marktgängigen Wertpapiere der Sparkassen, Banken und Lebensversicherer, durch die Ersparnisse dieser Länder normalerweise gedeckt sind, wurden ohne das Wissen oder die Zustimmung der Sparer in bloße Forderungen gegen die jeweiligen nationalen Zentralbanken verwandelt, die selbst wiederum nur durch Forderungen gegen die EZB und damit indirekt gegen die Zentralbanken Spaniens und Italiens gedeckt sind: Forderungen, die niemals fällig gestellt werden können und derzeit nur mit einem Prozent verzinst werden. Pro Erwerbstätigen sind in Deutschland auf diese Weise bereits für 15.000 Euro Ersparnisse in Target-Forderungen verwandelt worden. In den Niederlanden sind 17.000 Euro und in Finnland gar 21.000 Euro verwandelt worden. Diese enormen internationalen Kreditsummen sollten nicht einfach durch das EZB-System und den EZB-Rat zur Verfügung gestellt werden, sondern bedürfen einer Entscheidung durch die Parlamente.

Foto : Bayexna
Quelle : ifo Institut - Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. -